Freiheit

Freiheit: Gibt es für den Menschen eigentlich etwas Wichtigeres? Die Freiheit, sein Leben so zu leben, dass man glücklich ist. Die Freiheit, sagen zu dürfen, was man denkt. Die Freiheit, glauben zu können, was man möchte, seine religiösen Überzeugungen leben zu dürfen, ohne Einschränkung. Die Freiheit, lieben zu dürfen, wen und wie man möchte.

Die Sicherung der Freiheit ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Staatswesens. Dabei ist Freiheit natürlich nie absolut, sondern die Freiheit des Einzelnen endet immer dort, wo andere in ihrer Würde oder Entfaltung eingeschränkt werden. Auch wenn es eine Binse ist, diese Einschränkung ist wichtig, denn in letzter Zeit nimmt die Ansicht ja leider zu, dass man völlig enthemmt vulgärste Beleidigungen ins Netz posten könne oder anderen Menschen vorschreiben dürfe, wie sie ihren Glauben zu leben (oder eben auch nicht zu leben) haben.

Doch darum soll es gar nicht gehen. Vielmehr stößt mir auf, dass in der aktuellen Diskussion um die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Straßen vom Verband der Automobilindustrie, der FDP und der CSU immer mit einer Einschränkung der Freiheit argumentiert wird. Welche Freiheit das auch immer sein soll, denn die Freiheit, mit 200 km/h über die Autobahn zu rasen, ist mit den oben genannten Freiheitsrechten ja nicht einmal in Ansätzen vergleichbar. Selbst Christian Lindner denkt wohl kaum, dass Meinungsfreiheit und unbeschränkter Geschwindigkeitsrausch in ihrer Bedeutung gleichzusetzen sind.

Ich kann ja durchaus verstehen, dass man die Diskussion auf eine solche Ebene heben muss, denn schließlich gibt es kein vernünftiges Argument gegen ein Tempolimit. Wer sollte schon etwas gegen den Rückgang der Unfallzahlen haben (was auf Strecken nach der Einführung einer Geschwindigkeitsbregenzung nachweislich nach der Fall war)? Wer könnte schon rational dagegen argumentieren, dass CO2 eingespart werden kann, und zwar ohne soziale Verwerfungen oder finanzielle Mehrbelastungen der Bürger*innen? Wer könnte schon etwas gegen einen kontinuierlichen Verkehrsfluss und weniger Staus auf den Autobahnen haben? Und wer kann überhaupt noch echte Argumente ins Feld führen, wenn außer Afghanistan, Nordkorea und Somalia so gut wie alle anderen Staaten dieser Welt ein Tempolimit eingeführt haben?

Insofern muss man ja die Freiheit und den Niedergang der deutschen Autoindustrie bemühen. Die übrigens an verschlafenen Entwicklungen und Innovationen leidet und nicht an Geschwindigkeitsbrenzungen. Schließlich werden BMWs, Mercedes und Audis auch in Ländern mit Tempolimit verkauft. Also: die Freiheit. Wieder ein Verbot, dieses Mal ungehemmt über die Autobahn rasen zu dürfen. Und Grüne und SPD, die ein Tempolimit sinnvollerweise fordern, sind dann natürlich auch gleich Verbotsparteien. Dabei haben in der Geschichte der Bundesrepublik CDU und CSU viel mehr Verbote beschlossen: das Fahren ohne Gurt, die körperliche Züchtigung in der Erziehung, die Vergewaltigung in der Ehe (okay, Friedrich Merz wollte dem Mann diese Freiheit belassen). Um nur einige Beispiele zu nennen. Und ich betone ausdrücklich, dass das sinnvolle Verbote sind. Denn wenn der Mensch selbst nicht zu handeln vermag und unvernünftig ist, dann sind Verbote und Gebote manchmal nicht zu vermeiden. Jeder weiß, dass erzwungener Sex auch in der Ehe nicht wirklich richtig ist, trotzdem wurde es gemacht und die Frau konnte sich juristisch nicht zur Wehr setzen. Jeder weiß, dass Rauchen in geschlossenen Räumen auch für Nichtraucher eine Belastung darstellt - und es brauchte erst ein Verbot, bis es für alle selbstverständlich wurde, Rücksicht zu nehmen. Und genauso weiß jeder, dass Tempo 130 auf Autobahnen eigentlich ausreicht, bei unseren Urlaubsfahrten nach Österreich, Italien oder Frankreich geht es ja auch ohne Probleme. Aber Wissen ist eben nicht gleich Handeln.

Deshalb halte ich ein generelles Tempolimit für sinnvoll und richtig. Und wer das Adrenalin durch seine Ader rauschen lassen möchte, muss das nicht unbedingt auf Kosten der Allgemeinheit machen, sondern sollte sich eben ein anderes Hobby suchen. Um den Nervenkitzel eines potentiell tödlichen Risikos zu spüren, muss man nicht auf Autobahnen auffahren und andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Die Freiheitsrechte jedenfalls umfassen das Recht auf Raserei sicher nicht.