Es ist mir ein Rätsel...

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mich nicht mit meiner alten Partei zu beschäftigen. Erstens, weil es doch irgendwie nach Nachtreten aussieht, zweitens, weil viele Inhalte der ÖDP nach wie vor meinen Überzeugungen entsprechend, und drittens, weil ich gerade im Kreisverband Erding viele tolle Menschen kennen und schätzen gelernt habe.

 

Was ich aber heute lesen musste, das stellt mich dann doch vor ein Rätsel. Während Italien allein gestern, an einem einzigen Tag, 600 Tote zu beklagen hatte, während in Deutschland - in diesem Fall sinnvollerweise - Grundrechte massiv eingeschränkt werden, Ausgangsbeschränkungen erlassen und soziale Kontakte minimiert werden, während Selbstständige und Kleinunternehmer um ihre wirtschaftliche Existenz bangen, Arbeitnehmer in vielen Branchen keinen vollen Lohn mehr erhalten, viele Unternehmen mit Entlassungen und Kürzungen auf die Einnahmeverluste reagieren werden, die Arbeitslosigkeit vermutlich ansteigen wird und viele Menschen nicht mehr am sozialen Leben teilhaben werden können, da feiert der heimliche Vorsitzende und selbsterklärte Vordenker der ÖDP, Bernhard Suttner, die Krise.

 

"Die Folge wird aber auch sein, dass das Bruttosozialprodukt schrumpft. Also: Nach herkömmlicher Meinung wird gerade aus sehr vernünftigen Gründen der „größte anzunehmende Wirtschaftsunfall“ organisiert. Gut so." (https://www.oedp-mainburg.de/aktuelles/freitagsblog/nachrichtendetails/news/begruendete-rezession/?fbclid=IwAR1Yq7yprFXL6w4XVQnkANoob7vI2lQqY24rGIfr_PbncPIIDLq38IAurEc)

 

Gut so? Im Ernst? Wie kann man gut finden, was derzeit passiert? Existenzängste? Arbeitslosigkeit? Finanzielle Verluste? Eine Erschütterung des Vertrauens in die Problemlösungsfähigkeit des demokratischen Staates? Eine Hinwendung zu autoritären Systemen, die angeblich so viel schneller, effektiver und besser auf Krisen reagieren können?

Ist es das, was die ÖDP will? Natürlich brauchen wir eine andere Art von Konsum, fair und gerecht. Natürlich brauchen wir andere Wirtschaftsbeziehungen, nachhaltig, ohne Ausbeutung. Natürlich müssen wir sehr viel stärker als bisher die Bedürfnisse aller Menschen und die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen berücksichtigen. Und natürlich müssen der Schutz des Klimas, der Umwelt und die Sicherung der Artenvielfalt in den Fokus auch der Wirtschaft gerückt werden. Natürlich brauchen  wir eine ehrliche Berechnung des Bruttosozialprodukts, das auch Folgekosten, z. B. von Umweltzerstörung, berücksichtigt. Wir brauchen grünes, gesundes, nachhaltiges Wirtschaften und Wachstum. Aber jetzt "gut" zu finden, dass die Wirtschaft einbricht, ist an Zynismus und Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten.

 

Es ist mir ein Rätsel, welch Geistes Kind man sein muss, um nun, in der aktuellen Situation, mit einer solchen Botschaft an die Öffentlichkeit zu gehen. Statt hämisch den Niedergang der Wirtschaft zu feiern, sollte man alles tun, um die Folgen abzufedern, sollte man die lokale, heimische Wirtschaft unterstützen, so gut es eben geht. Das wäre das richtige Signal gewesen.