Nachhilfe in Biologie

Ich sage es gleich, ich bin kein Biolehrer. Insofern begebe ich mich in gefährliches Fahrwasser, wenn ich eine kleine Nachhilfestunde in Biologie gebe. Aber manchmal muss man über ein Stöckchen springen, dass die AfD hinhält. Eigentlich ist jedes Wort über diese Partei ein Wort zu viel, man sollte einer Partei mit gut 10% Wähler*innenstimmen nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken. Aber wenn eine Partei sich den Mantel der Bürgerlichkeit umhängen möchte, dann muss man manchmal den Finger in die Wunde legen. Und wenn ein Erdinger Kreisvorsitzender bei jeder Gelegenheit jeglichen Vorwurf des Rassismus weit von sich weist, dann muss man vielleicht doch auf seine facebook-Posts eingehen. Denn ich möchte nicht mit Rassisten im Stadtrat sitzen und ich möchte nicht, dass Rassisten über die Zukunft meiner Heimatstadt mitentscheiden.

Deshalb also diese kleine Nachhilfelektion. AfD-Kellermann schrieb in einem Post Anfang Dezember sinngemäß, dass Deutscher nur sein könne, wer Deutsche Vorfahren habe. Denn, "wenn ein Pferd im Kuhstall geboren wird, ist es ja auch keine Kuh!!" Das zweite Ausrufezeichen habe ich stehenlassen, dass Komma habe ich allerdings eingefügt. Die Beherrschung der deutschen Sprache ist ja eine der Voraussetzungen für die deutsche Staatsbürgerschaft. (Was ich mich außerdem frage: Bezeichnet Kellermann Deutschland als Kuhstall?)

Wie dem auch sei: Kellermann hat natürlich Recht. Ein Pferd, das im Kuhstall geboren wird, ist natürlich keine Kuh. Die beiden Tierarten unterscheiden sich genetisch deutlich voneinander, da gibt es gar keinen Zweifel. Beim Menschen ist das übrigens anders, weshalb die Biologie auch längst nicht mehr von menschlichen Rassen spricht. Die genetischen Unterschiede sind so gering, dass ein Mensch einfach ein Mensch ist, egal, ob er nun im Kuhstall oder im Kreißsaal geboren wird. Gerade wir Europäer sind sowieso eine bunte Mischung.

Entscheidend ist aber, dass Kellermann in seinem Post eine rassistische Vorstellung einer Staatsangehörigkeit beschreibt, die sich auf Blut, statt auf die Zustimmung zu allgemein anerkannten Werten bezieht. In Demokratien steht die Staatsbürgerschaft jedem offen, der bestimmte Voraussetzungen erfüllt: die Kenntnis und Beherrschung der Sprache, die Zustimmung zu Werten wie Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, eine angemessene Aufenthaltsdauer ohne Auffälligkeiten. Deshalb kann jeder die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben, der diese Bedingungen erfüllt. In rassistischen Ideologien ist das anders, da muss eine Blutslinie durch mehrere Generationen gezogen werden können. Deshalb konnten die Nazis in den Nürnberger Gesetzen 1935 auch Deutschen jüdischen Glaubens alle Bürgerrechte entziehen - weil sie in deren rassistischer Vorstellung eben keine Deutschen waren. Genau diese Theorie vertritt Kellermann in seinem Post. Leider führt er seine Gedanken nicht weiter aus, interessant wäre ja zu wissen, aber wann er bereit ist, einen Menschen als Deutschen anzuerkennen. Ist man beispielsweise Halbtürke, wenn ein Elternteil türkischer Herkunft ist? Oder ist man Viertelafghane, wenn ein Großelternteil in Kabul geboren wurde? Und was bedeutet das? Zumindest darf so ein Mensch in Presseberichten nicht als Deutscher bezeichnet werden, wenn es nach Kellermann geht.

Es gibt mittlerweile mehr und mehr Firmen, die Gentests zum Herkunftsnachweis anbieten. Überraschenderweise sind fast alle Menschen, die sich testen lassen, bunte Mischungen, bedingt durch Migrationsbewegungen, Verbrüderungen mit Besatzungssoldaten oder Verbündeten bzw. Urlaubsbekanntschaften. Und plötzlich ist man gar kein "Deutscher" mehr, sondern hat skandinavische und russische Einflüsse in seinem Genpool. Vielleicht sollten sich die AfDler einfach mal testen lassen, dann wäre hoffentlich Schluss mit diesem rassistischen Quatsch.