Jugend bewegt

Liebe Organisator*innen von Fridays for Future Erding,

ich schreibe Euch diesen offenen Brief, weil ich das Verhalten einiger Menschen meiner Generation kaum mehr ertragen kann. Was ihr euch in den "sozialen" Netzwerken teilweise für Beschimpfungen gefallen lassen müsst, nur weil ihr euch für die Gesellschaft und die Bewahrung der Lebensgrundlagen einsetzt, ist nicht nur erschreckend, es zeugt auch von so großer Dummheit und Ignoranz, dass es fast schon weh tut.

Gerade Vertreter*innen (wobei, meist sind es Männer) meiner Generation, der Generation Golf, die als einzige bezeichnenderweise nach einem Auto benannt ist, tun sich hier hervor. Warum eigentlich? Wir sind die erste Generation in Nachkriegsdeutschland gewesen, die in Wohlstand und Frieden aufwachsen konnte, die wusste, dass sie sozial aufsteigen wird, die letztlich keine existentiellen Sorgen haben musste. Wir hatten unser Playmobil und Lego, erlebten die Einführung des Privatfernsehens und zum 18. Geburtstag stand ein Golf vor der Tür. Nun ja, nicht bei mir, aber doch bei einigen meiner Klassenkamerad*innen. Dass wir dieses angenehme, sich um uns selbst und unsere Bedürfnisse drehende Leben nicht aufgeben wollen, ist ja menschlich verständlich, aber warum ignorieren wir deshalb die Stimme der Wissenschaft? Warum beschimpfen und erniedrigen wir diejenigen, die es wagen, darauf hinzuweisen, dass unser Wohlstand auf Kosten der künftigen Generationen erkauft wurde?

Niemand von FfF Erding hat meiner Generation bisher einen Vorwurf gemacht (Vielen Dank dafür!). Aber die Jugendlichen äußern die Bitte, dass wir unseren Lebensstil ändern, um auch den nachfolgenden Generationen Zukunft zu ermöglichen. Und wie reagiert die Generation Golf? Mit Schuldzuweisungen ("Schaltet erst mal eure Handys ab!"), mit Verdrängung ("Klimawandel gab es doch schon immer!") oder mit Ausreden ("Der Anteil Deutschlands ist so gering, da sollen sich lieber andere ändern!"). Wenn alle Menschen so denken würden, was wäre dieser Planet für ein schrecklicher Ort.

 

Dabei steht es uns gar nicht zu, Euch Tipps zu geben oder Häme über Euch auszuschütten. Das einzige, was wir formulieren dürften, ist eine Bitte um Vergebung. Es ist ja nicht so, als wären die Folgen unseres Lebensstils erst jetzt klar geworden. Nein, natürlich konnten wir wissen, was wir anrichten, aber Bequemlichkeit und Egoismus haben verhindert, dass wir aktiv wurden. Das müsst ihr jetzt machen. Und das tut mir Leid. In den wenigen Monaten Eurer Bewegung habt ihr mehr erreicht, als viele meiner Generation. Die Stadt Erding stellt einen Klimamanager ein, will in Zukunft bei Neubauten mehr auf Energieneutralität wachen, der Freistaat Bayern will pro Jahr sechs Millionen Bäume pflanzen, und, und, und. Das ist Euch und Eurem Engagement zu danken. Euer Einsatz für eine bessere Welt hat einen Effekt, lasst Euch also nicht einreden, Eure Demonstrationen brächten nichts. Das Gegenteil ist der Fall. Aber meine Generation will sich ihrer Verantwortung nicht stellen, deshalb flieht man in Ausflüchte, Beschimpfungen und Verleugnung. Psychologen würden wohl von klassicher Verdrängung sprechen.

 

Was mich beruhigt ist die Tatsache, dass und wie ihr Euch einbringt: Friedlich, kreativ, selbstbewusst, nicht spaltend, sondern einend. Wenn unsere Kinder sich so verhalten, kann meine Generation doch nicht alles falsch gemacht haben. Immerhin das lässt mich hoffnungsfroh in die Zukunft blicken.

 

Danke für Euren Kampf!