Es gab bisher einen ehernen Grundsatz in Deutschland: Nie wieder. Nie wieder Hass und Unterdrückung. Nie wieder Ausgrenzung und Gewalt gegen Minderheiten. Nie wieder Auschwitz.
Man hätte gemeint, wir hätten es kapiert. Wir hätten verstanden, welch unvorstellbares Leid von deutschem Boden aus über die Welt gebracht worden ist. Wir hätten erkannt, welch Menschheitsverbrechen Deutsche begangen hatten.
Schaut man aber auf das Jahr 2019, wird einem Angst und Bange. Morde gegen demokratische Politiker wie zu Zeiten der Weimarer Republik durch die rechtsextremistische Organisation Consul. Überfälle und tagtägliche Diskriminierung von Muslimen und Juden. Gewalttaten durch Rechtsextremisten und nun gestern auch noch der Anschlag auf die Synagoge in Halle. Die braune Scheiße wird ganz offensichtlich wieder nach oben gespült.
Woran liegt es, dass rechtsextremistische Terroristen denken, sie könnten aus ihren Löchern kriechen? Woran liegt es, dass Menschen sich radikalisieren und sich gegen die Gesellschaft und ihre freiheitliche Ordnung wenden? Woran liegt es, dass Neonazis das Gefühl haben, sie würden den Willen des Volkes vollstrecken?
Leider erleben wir seit 2015 eine Radikalisierung und Spaltung der Bevölkerung, vor allem und gerade in der digitalen Welt, wo offensichtlich das Gefühl vorherrscht, man könne dort die Sau rauslassen und seine rassistischen und sexistischen Vorurteile offen äußern - schließlich bekommt man ja Likes von anderen dafür und fühlt sich bestärkt. Der politische Arm dieser Netzkrieger ist die AfD, die rassistisches Denken befeuert, Halbwahrheiten verbreitet und Hass sät. Ein Blick auf einschlägige facebook-Seiten von AfD-Verbänden reicht schon aus, um all den Hass zu erkennen und zu sehen, wie dieser von AfD-Politikern bestärkt wird. Nicht umsonst wurde richterlich festgestellt, dass man den AfD-Posterboy Björn Höcke als Faschisten bezeichnen darf.
Der gestrige Anschlag in Halle führt hoffentlich dazu, dass den gemäßigten Mitgliedern der AfD und den Wählern dieser sog. Alternative die Augen geöffnet werden. Wir alle, die Demokratinnen und Demokraten in diesem Land, müssen gemeinsam zusammenstehen und aufstehen, um gegen die neuen Rechten Widerstand zu leisten. Es muss ein Ende damit haben, dass die AfD die öffentliche Diskussion bestimmt und die Meinung ängstlicher Schreihälse und rückwartsgewandter Nationalisten und Rassisten so breiten Raum einnimmt - egal ober in der realen oder in der digitalen Welt.
Jede Bürgerin und jeder Bürger ist in der Verantwortung, auch und gerade bei Wahlen. Eine Stimme für die AfD ist eben nicht nur Protest, sondern eine Unterstützung für neurechtes und - siehe Höcke - neofaschistisches Denken.
Dieses Denken darf aber keinen Platz mehr haben, in der Welt, in Europa und schon gar nicht in Deutschland. Nach Halle können wir alle, Politik, Sicherheitsbehörden und Gesellschaft, nicht zur Tagesordnung übergehen. Wenn wir beim Kampf gegen Rechts nur zusehen, stärken wir Neonazis und Rechtsterroristen. Es braucht das Engagement aller Demokrat*innen - auch die Weimarer Republik ging nicht an der Stärke ihrer Feinde, sondern an der Schwäche ihrer Verteidiger zu Grunde.